Vermehrung durch Stecklinge oder Steckholz
Wichtig bei der Stecklings- oder Steckholzvermehrung ist bestes Pflanzenmaterial, richtiges Substrat und saubere Töpfe und scharfes Werkzeug.
Da die besten und gesündesten Mutterpflanzen auch die besten Stecklinge liefern, müssen diese unbedingt sorgfältig aufgezogen werden. In der Vergangenheit war es oft üblich, Stecklinge von einer Pflanze abzuschneiden, die irgendwo in einer Ecke stand. Ganz Sparsame spazierten mit der Rosenschere durch öffentliche Grünanlagen.
Pflanzenmaterial
Am besten sind Kopfstecklinge von zweijährigen Trieben oder von Trieben, die dicht an der Basis sitzen. Je nach Art mit 3 – 7 Augen, wobei es im Grunde ausreicht, wenn ein Auge oberhalb des Substrat ist. Alle Triebspitzen werden entfernt, damit der Steckling nicht sofort weiterwächst, sondern erst wurzeln bildet. Ich schneide auch grundsätzlich alle Blätter ab, der Blattstiel bleibt stehen. Wenn möglich, die Stecklinge abreißen, so dass noch ein Teil der Rinde anhaftet wie eine kleine Zunge. Oder mit einer scharfen Schere schräg abschneiden. Weiterhin tauche ich meine Stecklinge grundsätzlich mit dem unteren Teil sofort ca. 1 cm in flüssigen warmen Bienenwachs, um die Wunde zu versiegeln. Gerade bei Stecklingen, die länger brauchen, hilft es gegen Fäule. Die neuen Wurzeln bzw. Triebe haben kein Problem, durch den Wachs zu wachsen.
Ich benutze Kerzenwachs auch als Wundverschluß nach dem Schneiden von Zweigen und Ästen.
„ Was die Chinesen schon seit über 1000 Jahren benutzen, kann ja nicht so schlecht sein. „
Geschnitten werden Stecklinge oder Steckholz bei frostfreiem Wetter von Dezember bis Februar. Auch Edelreiser werden zu diesem Zeitpunkt geschnitten. Bis zum Stecken werden sie kühl und frostfrei gelagert. Alle anderen Mitte März. Verschiedene Arten wie z. B. Forsythie oder einige Rosenarten werden besser direkt nach der Blüte gesteckt, weil sie dann die meiste Kraft haben.
Substrat
Ein wichtiger Bestandteil ist auch das Substrat. Es sollte leicht sauer sein. Ich habe viel ausprobiert und festgestellt, je höher der mineralische Anteil, je schlechter die Bewurzelung. Oder man geht gleich ganz auf Steinwolle, aber hier ist ein geschlossenes System angebracht. Bei einem hohen mineralischen Anteil bildet sich sehr schnell viel Kallusgewebe, welche die Wurzelbildung bremst bzw. ganz verhindert.
Mein aktuelles Substrat besteht aus:
50 % Torf ( gesiebt )
15 % Waldhumus ( 2 bis 5 mm )
15 % Akadama ( 2 mm )
5 % feiner Sand
10 % Perlite / Vermiculite
# Dieses Substrat – ohne Sand – nutze ich auch zum Abmoosen.
In BonsaiArt wird reines Akadama als Bewurzelungsmedium empfohlen. Für einige Arten ist es auch ok, aber bei Arten, die länger brauchen oder erst im nächsten Jahr umgetopft werden dürfen, kann ich da nicht zustimmen. Es muß über den Winter die Feuchtigkeit penibel kontrolliert werden
– die meisten Pflanzen erfrieren nicht, sondern vertrocknen – zum anderen zerfällt und verklumpt Akadama bei Frost sehr schnell.
Temperatur
Stecklinge sollen möglichst schnell neue Wurzeln bilden. Die beste Temperatur liegt hier bei 22 bis 25 Grad, wobei die Lufttemperatur ruhig etwas niedriger sein kann. Hier sollte man sich auch nicht unbedingt auf die Natur verlassen, denn es gibt auch mal kalte Tage. Ich habe mir in meinem Heizungskeller als „ Klimaraum „ eingerichtet. Die Temperatur liegt hier bei ca. fast konstant 20 bis 22 Grad.
Wasser
Wasser ist für eine Pflanze das, was Blut für den Menschen ist. Deshalb ist ein gutes Wurzelwerk, das das Wasser aufnehmen kann, für eine Pflanze so wichtig. Auch für die Wurzelbildung ist das Vorhandensein von Wasser von großer Bedeutung. Ein zu trockenes Substrat führt dazu, dass Zellen absterben und die Kallusbildung wird gefördert. Leider hält sich immer noch das Märchen – viel Kallusgewebe gleich schnelle und gute Bewurzelung.
Das Gegenteil trifft zu: Kallus verhindert und verzögert die Wurzelbildung.
Auch ein Irrtum ist, wenn der Steckling nach kurzer Zeit munter weiterwächst und neue Blätter und Triebe bekommt, das schon Wurzeln vorhanden sind. Im Grunde werden hier nur Reserven verbraucht.
# Wichtig: Erst sollen neue Wurzel kommen, dann soll die Pflanze wachsen.
Gemahlene Weidenrinde
Wie allgemein bekannt, sind verschiedene Weidenarten Pioniergehölze und wachsen und wurzeln fast überall. Steckt man einen Weidenzweig in die Erde, wächst er munter weiter. In einem Wasserglas kann man es sehr gut beobachten – nach 2 Tagen sieht man schon die ersten Wurzelansätze als kleine weiße Punkte. Weidenrinde enthält Auxine, ein Wurzelhormon, welche die Wurzelbildung fördert. Hier scheiden sich die Geister, ob es wirksam ist, aber ich bin zufrieden. Und es ist preiswert.
2 kg frische Weidenrinde, gehäckselt, mit kochendem Wasser übergießen und 24 Stunden ziehen lassen, durch einen Kaffeefilter sieben. Oder 10 g gemahlene Weidenrinde auf 1 Liter kochendes Wasser, 2 – 3 Stunden ziehen lassen, durch einen Kaffeefilter sieben.
Ich nutze diesen „ Weidentee“ zum gießen bei Stecklingen, beim umtopfen, und beim abmoosen.
In dieses Weidenrindenpulver dippe ich auch meine Stecklinge.